So, hier endlich mein kleiner Bericht:
Da bietet doch das MOTORRAD action team eine geführte Reise an mit dem Titel „Alpen-Challenge - 100 Pässe in 6 Tagen“. Klingt vielversprechend. Der Preis von 760.- € pro Person (zzgl. Einzelzimmerzuschlag) aber eher abschreckend.
Nach mehreren selbst organisierten Touren durch die unterschiedlichsten Regionen der Alpen kann eine eigene Zusammenstellung von 100 Pässen doch nicht so schwierig sein. In den französischen Alpen gibt es unendlich viele kleine Strassen, die über irgendeine Höhe führen. Beim letzten mal sind wir in der Region (vom Bieler See bis zur Schlucht von Verdon und zurück) „nur“ über rund 50 Pässe gefahren.
Also, die alten Karten vorgeholt und losgeplant. Uups! Da unser Termin, Mitte Juli, fest stand könnte es Kollisionen mit der Tour de France geben. Also mussten die Etappen und der Andrang der Fans mit berücksichtigt werden.
Aber wozu gibt es denn das Internet und zahlreiche Foren. Ich musste nur lange genug suchen um fündig zu werden. Da das action team die Roadbooks am Vorabend ausgibt und bei der Ankunft am Abend gleich wieder einsammelt, gibt es quasi keine Kopie. Ist unter Berücksichtigung des Copyrights ja auch in Ordnung. Aber heutzutage gibt es ja jede Menge Navigationsgeräte, die die gefahrene Route einfach aufzeichnen und fertig. Aber so ein High-Tech-Tourer bin ich (noch) nicht. Zum Glück habe ich im Internet jemanden kennen gelernt, der auch noch mit Karten aus Papier umgehen kann. Dieser nette Mensch hat die Route der Alpen-Challenge aus seinem Gedächtnis in drei Michelinkarten (Nr. 328, 333 und 334) des Maßstabs 1:150.000 mit einem Textmarker eingezeichnet und mir zum Selbstkostenpreis zugeschickt. Hut ab und nochmals 100 Dank (für jeden Pass einen; hi-hi).
Genug der Vorbereitung. Los geht´s. Bei der Abfahrt aus Braunschweig natürlich Regen. Wie schon seit Wochen. Aber halb so wild, schließlich sind wir in einem Alter, in dem man sich nicht mehr 800 km mit dem Moped auf der Autobahn antut, sondern mit einem Motorradanhänger hinter einem Diesel. Bei der Ankunft bei einem Feund in der Nähe von Bern, nach ca. 10 h Fahrt, dagegen bestes Wetter. Und wie Martin sagte, auch erst seit gestern. So konnten wir unser verdientes „Einlaufbier“ und die erste Pizza des Urlaubes im Freien genießen.
Jetzt geht´s aber richtig los: Jeder auf seinem Töff. Zur Einstimmung sind wir über kleine Landstraßen von Bern über Fribourg, Col des Mosses (1445 m) und Col de la Croix (1546) runter zur Rhone gefahren. Die eigentliche Alpen-Challenge beginnt erst in Champéry und dann mit dem Pas de Morgins (1369 m). Gut das wir uns nicht dem Stress des action teams ausgesetzt haben. So blieb nach den ersten 10 Pässen noch genug Zeit für ein Eis am Genfer See.
Nun will ich aber nicht die Route Pass für Pass beschreiben. Nur so viel: Es ist schon erstaunlich, dass man sich auf kleinsten Straßen in einem Gebiet von ca. 30 mal 30 Kilometern südlich des Genfer See´s fast einen ganzen Tag lang aufhalten kann und was sich in den oben genannten detaillierten Karten alles als „Col“ bezeichnet. Teilweise geht es mitten durch den Wald tatsächlich nur rauf und irgendwann wieder runter. Keine erkennbare Passhöhe, keine Aussicht, kaum Fahrspaß. Denn die Straßen sind meistens in übelstem Zustand und mit Schlaglöchern, Splitt und Sand übersäht. Das verlangt volle Konzentration und erlaubt eigentlich nicht die richtige Blickführung, sondern immer nur ein paar Meter vor das Vorderrad. Und das geringe Verkehrsaufkommen ist auch eher trügerisch. Wetten das der einzige Gegenverkehr des Tages genau dann kommt, wenn du mal eine Kurve nicht so gut erwischst und auf der Gegenfahrbahn landest?!
Hier noch ein paar kleine Highlights für die wir uns einfach die Zeit genommen haben: Das Eis am Genfer See hatte ich ja schon erwähnt. Obwohl es die Route der Alpen-Challenge nicht vorsieht, haben wir den kleinen Abstecher auf den Mont Revard gemacht. Von dem Aussichtspunkt hat man eine phantastische Aussicht über den Lac du Bourget. Die Auffahrt nach Isola 2000 war genial. Der Ort selbst zum Abgewöhnen, wie Skiorte im Sommer halt sind. Die anschließende Abfahrt über den Col de la Lombarde grandios. Eine kleine, schmale Straße mit gutem Belag.
Nach ein paar Tagen haben wir aber eingesehen, dass es mit einer VFR 800 und einer 600er Fazer nicht unbedingt ein Vergnügen ist über die allerkleinsten Straßen zu brettern. Auf den Karten nur noch eine gestrichelte Linie; laut Legende „Chemin d´exploitation“ bzw. „Sentier“. Keine Ahnung was das heißt. Die Erkenntnis hätten wir schon früher erlangen sollen. Dann wären wir noch zum Mont Ventoux oder / und Grand Canyon du Verdon gefahren. So kann ich nur noch empfehlen die Route der Alpen-Challenge um eine kleine Extrarunde zu erweitern: Vom Col de Champs in St. Martin d´Entraunes nicht gleich links ab zum Col de la Cayolle, sondern rechts nach Guillaumes und weiter auf der D 2202 durch die Gorges de Daluis und weiter über Entrevaux, D 911 Col de Félines, D 10 la Rochette, St. Pierre, D 2211A Puget-Théniers, N 202 für 8 km und dann über die D 28 durch die Gorges Supres du Cians nach Beuil, Valberg und wieder über Guillaumes zum Col de la Cayolle. Das sind zwar keine Extra-Col´s zum Zählen bzw. abhaken, aber die Straßen schlängeln sich durch phantastische Schluchten aus rötlichem Gestein.
Wie dem auch sei. Wir sind auch so über 100 Pässe gefahren und ich war froh, dass wir kurz vor Schluss am Col du Petit St. Bernard nicht in den großen Regen, sondern nur auf feuchte Straßen gekommen sind. Das Profil der Reifen war irgendwo auf den letzten 3.000 km geblieben.
Ach, noch was: Wir haben für 2 Personen im Schnitt 55 € für eine Übernachtung bezahlt plus ca. 30 € Abendessen. Macht pro Person für 6 Tage 255 €. Also gut und gerne 500 € weniger als mit dem action team. Die gesparten Euros investiere ich lieber in Gummi und Benzin. Man muss sich zwar nicht um die Quartiersuche kümmern, aber auch die bringt manchmal lustige Unterkünfte zustande. Vom „umtriebigen“ Hotel mitten in Bonneville über ein abgelegenes Chateau in Monestier. Oder auch ein kleines „verkehrsgünstig“ gelegenes Hotel in Jausiers. Dort haben uns die LKW´s um 7 geweckt. Das hatte allerdings den Vorteil, dass wir schon um halb 9 auf dem Col de la Bonette waren und unsererseits die Murmeltiere wecken durften. Echt wahr! Ist mir auch noch nicht passiert, dass ich beinahe ein Murmeltier überfahren hätte.
Abschließend bleibt mir nur noch der dringende Rat rechtzeitig zu Tanken!!! Die französischen Tankstellen haben entweder zu (Mittagspause von 1 bis 3) oder nehmen nur eine nationale Tankkarte anstatt Kredit- oder ec-Karte.
Beim nächsten mal plane ich meine Route wieder selbst oder fahre die Alpen-Challenge mit einer BMW R 1200 GS, einer Honda Transalp oder einer Yamaha TDM 900
Wenn noch Fragen sind, nur her damit.
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Peter aus Braunschweig
4TX, silber, EZ 10.10.2000, 64 Mm
Ich leb, weiß nicht wie lang.
Ich sterb und weiß nicht wann.
Ich fahr, weiß nicht wohin.
Mich wunderts, daß ich fröhlich bin.