Der perfekte Tag?
- oder wie das Mopped nur noch unvollständig nach Hause fand.
Früh morgens, Augen auf: hey tolles Wetter! Mist muss Arbeiten. X(
Um 14:00h entlässt mich mein Arbeitgeber aus der Pflicht und hält mich lediglich an der 'langen Leine'.
Die Familie längst entfleucht und mit der Leine unerreichbar. :teufel:
Was anfangen mit dem angebrochenen Tag? Mmmh? Mir fällt nix ein, was könnt ich denn tun? 'inderNasebohr', ich habs! Arbeitszimmer aufräumen! Ne' doch net. Mir fällt nix Besseres ein, geh' ich halt Mopped fahren.
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Kurzer Rückruf bei der Kollegin um die Leine zu verlängern, und los gehts.
Zunächst auf die Autobahn, zum warm werden. Ein paar Kilometer TopSpeed testen, Brennräume reinigen. Motor läuft gut. Ich fühl mich bestens. Jetzt runter von der Autobahn und ab ins Kurvengeschlängel. Heute ist anders. Heute ist noch besser. Die Temperatur nicht zu warm, nicht zu kalt. Die Illumination der Landschaft im herbstlichen Warmton, die sterbenden Blätter lockern das Einheitsgrün durch rötliche Farbtupfer auf und erhöhen den Aufmerksamkeitspegel in vereinzelt feuchten Kurven im Wald. Anfänglich sind die vielen Motorradfahrer nicht wirklich ein Problem. Später dann schon. Ich krieg keinen Parkplatz auf der Platte. Alles zugeparkt. Doch noch zwischenreingequetscht und schnell die obligatorische Bockwurst und Spezi verdrückt. Ungesundes aber schnelles Mittagessen.
Und weiter gehts. Alles läuft rund. Das durch 270 Grad Hubzapfenversatz erzeugte Bollern des Motors, akustisch aufpoliert durch eine am Rande der Legalität konzipierten Remus-Auspuffanlage macht tierisch Laune. Heute darf die Drehzahl ein bisschen mehr sein. Herrlich wie die am Ende ihrer Laufzeit befindlichen Zündkerzen beim abrupten Gaswegnehmen einen trockenen Knall, gefolgt von einem dezenten Fehlzündungsgebrabbel, erzeugen. Ein minimal geöffneter Gasschieber fördert die dazu benötigte Benzinmenge in die Brennräume. So mag ichs'. Das Mopped findet alleine die Linie. Das Fahren ist nur noch Spiel. Der Automatismus des Fahrens stellt sich ein. Nur noch geniesen. Das ist der Rhythmus bei dem ich mitmuss. Glückshormone potenzieren den positiven Eindruck des Erlebten. :rotate:
Dann die nächste, leicht nach links abfallende Rechtskurve. Das Einlenken geht von alleine, die Linie präzise, knapp neben der weissen Strassenrandmarkierung. Die Ohren bekommen Besuch von den Mundwinkeln.....
...und in diesem Glücksmoment passiert es:
Ein Leitpfosten taucht aus dem Nichts auf. Suizidal wirft er sich mir in die zuvor vom Co-Prozessor berechnete Kurvenbahn. :shock1:
In einem Bruchteil einer Sekunde* wird mir klar,
er hat es auf meinen Hand-Bremshebel abgesehen. 8o
In einem weiteren Bruchteil einer Zehntelsekunde* wird mir klar,
Aufrichten und Abbremsen befördert mich schnurstracks auf die Gegenfahrbahn, keine Alternative.
Und in einem Bruchteil einer Hundertstelsekunde* später wird mir klar,
- nur weiter Abwinkeln retten mich vor dem blockierenden Vorderrad, indem ich die Hebelei möglichst senkrecht stelle. X(
Gedacht - getan, es gibt einen unerwartet heftigen Einschlag, jedoch ohne das die TDM auch nur zuckt.
Der Handbremshebel bleibt unbefleckt.
Allerdings ist der Außenspiegel rechts sauber decapitiert und der rechte Oberarm tut weh.
(Aufschneidermodus off: * eigentlich gabs nur urplötzlich einen Knall, der Außenspiegel war zur Hälfte weg und der Arm tat weh)
Kurz einen Blick in den verbliebenen Kollegen auf der anderen Seite: kein mir nachfolgendes Fahrzeug, Abbremsen, U-Turn. Mitten auf der Strasse lag der Kopf des Spiegels, sauber abgetrennt, der leere Blick des Spiegels in die Unendlichkeit nach oben gerichtet (kein einziger Glassplitter zu sehen, ist das Glas die entwichene Seele?) Zum Glück blutet er nicht, ich kann kein Blut sehen.
Nach einem kurzem Moment des pietätvollen In-sich-gekehrtseins, wird mit einem gekonnten Kick der Kopf im Strassengraben beerdigt und sich sofort nach dem Übeltäter umgeschaut. Dieser hat jedoch die Verantwortung gescheut und sich aus dem Staub gemacht. Nix mehr von ihm zu sehen. Nach dem ersten Impuls im nachzulaufen besinne ich mich jedoch und nutze den ordenlich auf Niveau gebrachten Adrenalinspiegel zu einer äußerst vergnüglichen Weiterfahrt, im Unterbewusstsein glücklich zu sein, dass mein Schutzengel mit mir mithalten konnte.
Das Mopped hat mich dann tapfer nach Hause gebracht und hat sich die Teil-Amputation nicht anmerken lassen. Brav.
Zu Hause angekommen wurde dann auch spontan die Leine eingerollt und ich durfte dann gleich das Geld für einen Ersatzspiegel verdienen gehen. Auch recht. Jetzt bin ich wieder daheim und schreibe Euch dieses Sonntagserlebnis,
a) damit Euch gnadenlosen Rasern nicht das Gleiche passiert;
b) damit Ihr was zur Unterhaltung habt;
c) damit ich wieder mal was Sinnloses von mir gegeben hab.
d) weil ich mir unglaublich viel Mühe mache, Eindruck schinden zu wollen (O-Ton Britta)
e) weils Spass macht.
:smokin:
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[ img ] Herbert
[hr]
[f1]Heute sind die guten alten Zeiten von morgen. (Valentin/Ustinov/Hemingway)[/f1]