Beitragvon monkeyboy » 29.11.2005 09:41
So, jetzt noch'n Senf:
Meine bisherigen Erfahrungen:
Meine erste Jacke, war, glaube ich, von Held. Kein Cordura, Reissa-Membrane, natürlich Z-Liner (wie die meisten bezahlbaren). Die Jacke war bequem zu tragen und hielt warm, war SAUSCHWER und wurde noch schwerer, wenn es regnete, da sich wegen der Z-Liner-Konstruktion das Obermaterial vollsog. Und kühler wurde es in der Jacke dann auch. Die Held hatte zwei, drei Schwachstellen, wo es nach einer Weile dann auch mal durchkam.
Meine zweite Jacke war von Shoei, Cordura mit Kevlar-Verstärkungen an Schultern und Ellenbogen sowie der (hervorragend funktionierenden) Reflexite-Beschichtung auf weiten Flächen der Jacke. Damit bist Du in der Dunkelheit ein einziger Oberkörperreflektor! Passform ist klasse, die Jacke hält warm und die Sympatexmembran auch eine Zeit lang dicht. Farbwahl war falsch - gelb ist zwar gut zu sehen, aber nur im ersten Jahr ansehnlich. Danach siehts nur noch dreckich aus und ist wegen der Membran auch nicht mehr vernünftig sauberzubekommen beim Waschen. Auch hier: Z-Liner-Konstruktion, darum Obermaterial nass und schwer bei Regen.
Beide Jacken gaben, da ich bei der täglichen Pendelei den Kleinkram gern im Rucksack transportiere, im Schulterbereich die Regendichtigkeit nach der zweiten Saison auf - die Membran ist eben einfach durchgescheuert. Das passiert vielleicht bei einem Laminat nicht so schnell, aber da habe ich keine Vergleichsmöglichkeiten; Laminate sind auch teurer als Z-Liner.
Für die ganz heißen Tage habe ich mir dann nochmal so eine kurze Textiljacke von HG geholt, ohne Membran, mit Belüftungsreißverschlüssen und ohne die Illusion, daß die Protektoren im Fall eines Falles an ihrer Stelle bleiben. Aber damit schwitze ich ab 28° C aufwärts so wenig wie in keiner anderen Jacke.
Jetzt fahre ich in der dritten Saison eine Lederjacke - von Dainese (man gönnt sich ja sonst nix). Hartschalenprotektoren, aber die sitzen perfekt und stören oder drücken überhaupt nicht. Die Perforation an der Ärmelinnenseite ist ein Witz, da kommt keine Kühlung oder Erfrischung durch bei Hitze. Trotzdem schwitze ich darin weniger als zuvor in den Textiljacken im Sommer. Die Jacke ist kurz und geht nicht mehr über den Arsch wie vorher die Textiljacken, trotzdem friere ich auch bei kühleren Temperaturen nicht - kommt halt darauf an, wie der Allerwerteste selbst verpackt ist. Die Jacke sieht einfach klasse aus, hat das gewünschte Understatement und passt sowohl zum Touren als auch zu flotterer Gangart, wenn wir jetzt mal die Klischees bedienen wollen. Auch ohne Futter flattert nix. Das Leder ist ansprechend dick und trotzdem geschmeidig. Ich fühle mich darin wohler als in jeder Jacke zuvor. Wenns regnet, zieh ich eben eine einfache Regenjacke darüber, die dann fehlende Atmungsaktivität habe ich bislang nicht vermisst. Und wenn die Regenjacke durchgescheuert ist, ist Ersatz nicht so teuer. Wenns ganz kalt wird, kommt ebenfalls die Regenjacke drüber, das hält nochmal den Wind ab und ist dann warm genug. Und was die Qualitätsdiskussion angeht: Die Jacke sieht heute noch aus wie in den ersten Wochen, nur "persönlicher". Sie ist komplett in der Ukraine genäht - soviel zu Made in Italy. Und der Verbindungsreißverschluß ist am Futter angebracht - aber die Hose hat ja ein Gegenstück, das kann ich an der Jacke vernähen lassen. Die Schildkröte passt perfekt darunter. Habe sie direkt in Italien gekauft, und der Verkäufer meinte noch, wenn ich sie hin und wieder mal mit normaler Handcreme einreibe, bleibt sie ewig geschmeidig, schön und bei mir. Also, hält lange. Soll ja auch eine Jacke fürs Leben sein.
Bei den Hosen ging der Weg umgekehrt - erst Leder, dann Textil. Auf großer Tour fahre ich immer Leder, die Hosen sind nach Stunden angenehmer zu tragen als Textilhosen. Außerdem dachte ich immer, bei einem Sturz ist im Hosenbereich zwischen Hose und Haut immer weniger dazwischen als am Oberkörper zwischen Haut und Jacke, darum sollte die Außenschicht kompromissloser sein. Meine erste Hose hielt sechs Jahre, dann war das Innenfutter total hinüber. Meine zweite Lederhose ist von HG, das Modell, das jetzt der Twin II entspricht. Passt von Narbung und Farbe her gut zur Dainese Jacke und war von der Passform her einer vergleichbar teuren Dainese-Hose (Joy heißt da wohl die Geiz-ist-Geil-Marke) deutlich überlegen. Ich brauche bloß noch Stiefel, über denen ich die Hose am Bein auch ganz schließen kann. Und der Verbindungsreißverschluß zwischen Jacke und Hose wird seinem Namen eben - noch - nicht gerecht.
Meine beiden Textilhosen: eine Cordura-Jeans von HG, um mich nicht immer im Büro umziehen zu müssen und, weil mit Membran, auch mal einen Schauer auf dem Weg hin oder zurück zu überstehen. Nachteil: einfach zu kurze Beine, sie rutschen immer über den Stiefelschaft. Und eine Latzhose von BMW mit Goretex-Membran als Z-Liner (natürlich...), gabs da mal als Auslaufmodell für 60,- DM und ist auch echt 'ne Geschmackssache, ich könnt auch glatt als Angehöriger der Stadtreinigung durchgehen. Ist etwas länger als die HG-Jeans, hält im Winter warm und trocken, ist aber sehr knapp bzw. eng ums Knie und deshalb schnürts mir da nach einer Weile das Blut ab. Die Lederhosen waren und sind in der Summe ihrer Eigenschaften einfach besser.
Natürlich ist so eine Lederhose im Sommer eine Sauna. Und auf kurzen Strecken bediene ich mich da leichtsinnigerweise auch meist einer normalen Jeans, die hat übrigens meinen bislang einzigen Sturz in der Stadt überstanden. (Warscheinlich bin ich so günstig über den Rücken und Oberkörper abgerollt, da hatte ich die Lederjacke an, und selbst die ist von Kratzern verschont geblieben, das hat alles die Regenjacke abbekommen, die dann auch völlig hinüber war.) Trotzdem fahre ich auf Tour nur Lederhose. Schwitz' ich eben...
Da ich selbst noch keinen Erfahrungsbericht zum Sturzverhalten unter relevanten Bedingungen geben kann, habe ich nur die Summe der Erkenntnisse aus verschiedenen Test- und anderen Berichten. Und da ist das Fazit, glaube ich, daß im gleichen Preissegment Lederbekleidung den Jacken und Hosen aus Textil im Abriebverhalten und der Fixierung von Protektoren immer überlegen ist. Wie wichtig andere Faktoren für die Kaufentscheidung sind, kann jeder nur für sich selbst entscheiden.
BTW: Ich glaube, Stadler (die Bekleidungsmarke) hatte zum Jubiläum (50 Jahre?) vor einigen Jahren eine Textilkombi aufgelegt, nur vom Feinsten seiner Zeit (beste erhältliche Goretex-Membran, Cordura mit Kevlar- oder anderen Verstärkungen an sturzrelevanten Zonen etc. p.p.) und sogar mit vergoldeten Reißverschlüssen (!!) für zusammen so um die 1600,- Flocken...
Gruß
Ralf
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(Albert Einstein)